Mein bisheriger Bericht zur Night of Freestyle 2018 war ein reiner Erlebnisbericht mit Bildern. Da ich mit meinem Blog aber auch den Anspruch habe, das WIE hinter den Bildern zu erläutern, möchte ich diesen zweiten Post mit fotografisch-technischen Details hinterherschieben. Dieser Artikel richtet sich daher an Fotografen und ist für den Durchschnittsbiker mit etwas zu viel Fachchinesisch gespickt…

Ausrüstung: Angereist bin ich mit zwei Kameras. Auf der Nikon D750 hatte ich das 70-200 f2.8, auf der D800 das 24-70 f2.8. Lichtstärke ist hier alles. Letztes Jahr hab ich mich vergriffen und das Tamron 150-600 f5-6.3 mitgenommen. Daraufhin gingen die ISO-Werte durchs Dach und mit ihnen das Rauschen. Ich meine “vergriffen” übrigens in dem Sinne, dass ich eine falsche Wahl getroffen habe und nicht beim blinden Griff ins Regal das falsche Objektiv erwischt hätte. Ich hatte die Ausdehnung der TUI Arena überschätzt und die Lichtsituation unterschätzt.

Beide Kameras trug ich an Tragegurten, welche mit einem Adapter in das Stativgewinde der Kamera geschraubt werden (BlackRapid R Strap und SunSniper). Eine Kamera baumelte links an der Hüfte, eine rechts. In der einen Hosentasche hatte ich ein Etui mit extra Speicherkarten, in der anderen einen Ersatzakku (beides nicht gebraucht by the way).

Kameraeinstellungen: Ich bin ein Fan des manuellen Modus. So kann ich die Parameter Blende und Belichtungszeit kontrollieren, den Rest erledigt Auto-ISO, welchem ich erlaube, bis ISO 12.800 zu gehen. Einer der Vorteile einer Vollformatkamera: Das Rauschverhalten ist abartig gut. Selbstverständlich habe ich im Serienbildmodus Ch fotografiert (“continuous high”), also waschechtes “spray’n’pray”. Den Stabi am 70-200 habe ich nach kurzer Zeit ausgemacht, da die Bewegung der Linse nicht nur horizontal, sondern auch vertikal ist, wenn man weit genug reinzoomt. Irgendwie war er damit überfordert und die Bilder wurden schlechter. Ja, auch im Modus “active”. Den Autofokus habe ich auf kontinuierlich und 3D gestellt, da ich mit schnell bewegten Objekten zu tun hatte.

Fotopraxis: Begonnen habe ich mit einer Belichtungszeit von 1/100s bei f/2.8 (die Blende blieb immer so weit offen). Da gabs natürlich nix zu holen (alles unscharf) und so habe ich mich Stück für Stück an eine funktionierende Verschlusszeit herangetastet. Ich habe extra bei 1/100s begonnen, weil ich die ISO-Zahl so niedrig wie möglich halten wollte. Aber erst bei 1/250s oder sogar 1/320s erzielte ich konsistente Ergebnisse. Die beiden startenden Bikes unten sind bei 1/125s aufgenommen und daher nicht ganz scharf. Aber mir gefielen der Bildausschnitt und die Dynamik so sehr, dass das Bild doch noch als Keeper endete.

Ein Gegenbeispiel ist das folgende Foto, welches bei einer Belichtungszeit von 1/320s  aufgenommen wurde. Die Maschine ist schön scharf, die Bewegung eingefroren. Ach übrigens. Mitzieher könnt ihr bei so einem Event vergessen. Ein Mitzieher funktioniert nur, wenn das scharf abzubildende Objekt gleichmäßig durch den Bildausschnitt defiliert. Das machen die Jungs hier nicht. Die wirbeln und springen und drehen sich, was das Zeug hält. Sie ändern also ständig ihren Winkel und die Ausrichtung zur Kamera, so dass dieses fotografische Stilmittel ausscheidet.

Die Technik war den ganzen Abend über eigentlich die gleiche: Sportler vor dem Start anvisieren, im Sucher verfolgen, sobald sie auf der Absprungrampe sind abdrücken und dir Kamera rattern lassen, bis sie wieder gelandet sind. Mein Arbeitspferd an dem Abend waren die D750 mit dem 70-200. Mit dieser Combo habe ich 1.214 Bilder gemacht, die restlichen 143 liefen dann auf das Konto der D800 mit dem 24-70mm.

Sortierung und Nachbearbeitung: Haben circa drei Stunden in Anspruch genommen.
Erster Durchgang: Markieren als Mist (“X”) oder Keeper (“3 Sterne”). Maximal ein bis zwei Sekunden pro Foto. Nur schauen: Ist es total unscharf oder irgendwie nutzbar? Reduktion auf 470 Bilder (circa 1/3 der ursprünglichen Masse).
Zweiter Durchgang: Weitere Selektion und Nachbearbeitung, Letztere fiel hier sehr spartanisch aus: Gerade rücken, ggf. Tiefen raufziehen, Weissabgleich (welch ein Spaß in einer Halle, in welcher hundert Lampen hundert Farben gleichzeitig projizieren) und, wichtigstes Ding von allen: Dunst. Dieser war vor allem aufgrund der zahlreichen Pyros ein echtes Problem.

Die “Dunst”-Funktion entfernt, nunja, den Dunst aus Fotos und ist eigentlich nur Nutzern von Lightroom CC Kunden vorbehalten, also Abokunden. Ich habe die Kaufversion von Lightroom und nutze die Dunst-Funktion aber trotzdem. Die Funktion ist nämlich trotzdem vorhanden, es gibt im Benutzerinterface nur keinen Regler, mit welchem man sie ansteuern könnte. Ein kluger Mann hat aber einmal mit einer Lightroom CC-Version ganz viele Presets gemacht (Dunst +0, Dunst +5, +10, +15, … ,+100) und diese zum Download zur Verfügung gestellt. Die Presets kann man ins normale Lightroom importieren und so über den Klick auf ein Preset statt der Benutzung eines Reglers das Bild nachbearbeiten:

Unterm Strich habe ich nun aus über 1.500 Bildern 80 extrahiert und nachbearbeitet. Das klingt jetzt erst einmal nicht viel, ist aber immer noch mehr, als man in einem Blogpost oder beim Durchscrollen auf dem Handy zeigen und als Betrachter aufnehmen kann.

Unterm Strich: Eventfotografie ist anstrengend und, wer hätte es gedacht, etwas total anderes als das Fotografieren in einer Porträtsession mit einem Motorrad. Man produziert viel mehr Fotos, muss viel schneller reagieren und vor allem mit dem arbeiten, was die Veranstaltung bietet an Perspektiven und Belichtungssituationen. Das ist mal erfrischend anders als das millimetergenaue Platzieren von Blitzen, in gewisser Weise kann man sich als Fotograf treiben und die Dinge einfach mal auf sich zukommen lassen.